Patienten mit Zwangsstörungen sind leider bis heute eine oft schlecht versorgte Patientengruppe, die meist über Jahre bis Jahrzente massiv unter ihrer Erkrankung und den damit einhergehenden Einschränkungen leiden. Das Leben dieser Patient*innen ist oft völlig vereinnahmt von inneren Barrieren und Zwangsverboten. Unser Ziel in der Therapie sollte es daher sein, die Patienten darin zu unterstützen, dem Zwang die Macht über ihr Leben zu entziehen und „vom Kopf ins Leben“ zurückzukehren. Die Akzeptanz und Commitment Therapie, kurz ACT, kann unseren Patient*innen (und uns als Therapeut*innen) dabei helfen diesen Leitsatz zu verwirklichen. Primäres Ziel ist es zu lernen aus unwirksamen inneren Kämpfen (mit dem Zwang) auszusteigen und die Energie stattdessen in werteorientiertes Verhalten zu investieren. ACT, als prototypisches Verfahren der Dritten Welle der Verhaltenstherapie, versteht sich als ein Therapiemodell, das nicht „das Reparieren von Patient*innen“ in den Fokus rückt („der Zwang muss weg“), sondern über möglichst erfahrungsorientierte Therapietechniken, Patient*innen darin unterstützt ihre psychische Flexibilität zu stärken, um ein persönlich wertvolles Leben zu leben, trotz aller bestehenden (Zwangs-) Hindernisse.
In dem Vortrag soll es speziell darum gehen, wie der per se transdiagnostische Therapieansatz der Akzeptanz und Commitmenttherapie störungsspezifisch bei Zwangspatienten ganz praktisch angewendet werden kann, um die Therapie dieser „schwierigen (?)“ Patientengruppe zu verbessern. Dafür wird in der ACT-Therapie mit Zwangspatienten geübt die Toleranz für unangenehme Emotionen im Rahmen von Expositionen zu fördern, die Achtsamkeit für das Erleben des Augenblicks zu verbessern, wohlwollende Distanz gegenüber den Zwangsgedanken und belastenden Gefühlen zu entwickeln, sowie sich seiner persönlichen Werte bewusst zu werden und diese auch im Alltag umzusetzen. ACT versucht dabei die zwei wesentlichen Dimensionen der Psychotherapie „Akzeptanz“ und „Veränderung“ auszubalancieren.
Der Vortrag soll nach einer kurzen Einführung in die Versorgungsrealität von Patienten mit Zwangsstörungen, die Chance der ACT-Therapie insbesondere bei Zwangspatienten aufzeigen, indem die wesentlichen Kernbausteine von ACT bei Zwängen vermittelt werden und teilweise wichtige ACT-Therapietechniken dem klassisch verhaltenstherapeutischen Vorgehen bei Zwangsstörungen gegenübergestellt werden. Ich bringe gerne auch ganz praktische Erfahrungen und Informationen aus meiner persönlichen Arbeit mit unserem ACT-Behandlungskonzept für Patient*innen mit Angst und Zwangsstörungen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie mit ein.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Aufzeichnung aus unserem digitalen Videostudio vom 17.05.2024
Zurück zur Übersicht